Versickerungskonzepte

Regenwasserversickerung mit Schwerpunkt Bahnstreckenentwässerung

Zusätzlich zum Thema Druckverlustberechnung wird hier das Thema Niederschlagswasserversickerung behandelt. Zuständig dafür ist:

Dipl.-Ing. Imran Sevis

Wir bieten folgende Leistungen an:
– Versickerungskonzepte
– hydr. Dimensionierung
– Beratung

Im weiteren werden die bestehenden Möglichkeiten aufgezeigt und ein bereits umgesetztes Konzept zu Versickerung an Bahnstrecken erläutert:

Regenwasserbewirtschaftung

Auf natürlichen Oberflächen kann das Regenwasser weitgehend versickern und/oder verdunsten (s. Abb. 1a). Der Rest fließt oberirdisch ab, wobei in naturbelassenen Räumen der reine Oberflächenabfluss in der Regel gering ist. Das versickernde Regenwasser stellt die Grundwasserneubildungsrate dar. 

Mit zunehmender Versiegelung wird der natürliche Wasserkreislauf gestört (s. Abb. 1b). Der Oberflächenabfluss nimmt zu und damit gelangt mehr Wasser in die Kanalisation, und es steht weniger Volumen zur Versickerung und/oder Verdunstung zur Verfügung. In der Folge daraus sinkt der Grundwasserspiegel und die Lufttemperatur steigt an, das Mikroklima verändert sich nachteilig. Mittel- bis langfristig leidet die Bodenqualität unter der Wasserverknappung. Diese Prozesse verstärken sich immer weiter und führen unter Umständen zum Austrocknen kleinerer Gewässer und zum „Verkümmern“ von Flora und Fauna (Biodiversität).

Wenn eine Entsiegelung von befestigten und versiegelten Flächen nicht möglich ist, solltenentsprechende technische Maßnahmen zur Entwicklung einer „künstlichen“Grundwasserneubildung oder Maßnahmen zur Verbesserung der natürlichen Grundwasserneubildungsrate getroffen werden (s. Abb. 1c).

Abb. 1: Wasserkreislauf (Quelle: I. Sevis)

Das Ziel ist, das Niederschlagswasser möglichst geregelt von befestigten Flächen abzuleiten und dann verlustfrei in den natürlichen Wasserkreislauf zurückzuführen.

Das Regenwasser sollte über eine Flächenversickerung, vorzugsweise über eine bewachsene Bodenschicht in den Untergrund eingeleitet werden. Wenn dies z.B. aufgrund von fehlender Flächenverfügbarkeit nicht möglich ist, dann bieten sich alternativ unterirdischeVersickerungsanlagen an. Als letzte Möglichkeit kann das Regenwasser unter Einhaltung der gesetzlichen Randbedingungen in ein Gewässer abgeleitet und somit wenigstens dem großräumigen Wasserkreislauf wieder zugeführt werden.

Entlastung der Abwasserbehandlungsanlagen

Bei Regenwetter sind die Kanalnetze oft überlastet. Durch Abkopplung des Regenwassersvon den Abwasserkanälen verringert sich der Betriebsaufwand der Abwasserklärung. Die Reinigungsleistung einer Kläranlage verbessert sich, da Bakterien am besten „arbeiten“ wenn die Abwässer unverdünnt sind.

Reduzierung von Überflutungsgefahren

Durch die Regenwasserversickerung reduziert sich der Anteil des Oberflächenwassers, der in ein Gewässer abgeleitet werden muss. Dadurch entschärft sich die potentielle Hochwassersituation im Gewässer.

Die Abkoppelung des anfallenden Regenwassers führt insgesamt dazu, dass sich Spitzenabflüsse in Kanalnetzen reduzieren. Dadurch nimmt die Gefahr von Überflutungen allgemein und aus Kanalnetzen heraus ab.

Regenwasserversickerung

Die Regenwasserbewirtschaftung und als besonderer Faktor die diversen Versickerungstechniken, werden seit vielen Jahren zur Kontrolle der Regenwasserqualität und zur Steuerung von Hochwassersituationen eingesetzt.

Naturnahe Regenwasserbewirtschaftung in Form von Versickerungsanlagen ist eine bedeutsame Alternative zur Entwässerung über die öffentliche Kanalisation. Hierbei stehen Ziele wie Grundwasserneubildung, Erhaltung der Trinkwasserqualität, Entlastung der Kanalnetze, Hochwasserdämpfung und Klimaverbesserung im Vordergrund. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten der Regenwasserversickerung. Ein Großteil der im Folgenden aufgeführten Versickerungsmöglichkeiten ist genehmigungspflichtig. 

Eine wichtige Voraussetzung für die Versickerung bildet die ausreichende Durchlässigkeit der Böden. Eine Entwässerungsanlage arbeitet immer dann korrekt, wenn das anfallende Niederschlagswasser schadensfrei abgeleitet wird. Dies ist genau dann der Fall, wenn der Oberflächenwasserzufluss geringer oder gleich der Versickerungsleistung der Versickerungsanlage ist.

Hier werden sechs verschiedene Arten der Regenwasserversickerung kurz vorgestellt und anschließend die Bahnstreckenentwässerung detailliert erläutert:

Flächenversickerung

Die Flächenversickerung ist das einfachste Prinzip der naturnahen Regenwasserbewirtschaftung. Hier findet eine großflächige Versickerung des Regenwassers über belebte Bodenflächen (Mutterboden) statt. In den oberen 20 bis 30 cm kommt es so zu einem Schwebfrachtabbau. Hierbei werden die Regenabflüsse auf eine gut durchlässige Fläche geleitet, auf der sie versickern. Eine Zwischenspeicherung wie bei der Mulde gibt es nicht. 

Flächenversickerung ist ein geeignetes Verfahren, wenn genügend ebene Freifläche zur Verfügung steht und der Boden eine gute bis sehr gute Durchlässigkeit aufweist. Außerdem muss der Grundwasserflurabstand hoch genug sein, damit genügend Versickerungsstrecke (Volumen) vorhanden ist.

Muldenversickerung

In die Mulde wird das Niederschlagswasser geleitet und dann der gravitativen Versickerungüberlassen. Hier wird das Regenwasser zeitweise gespeichert und über die belebten Bodenzonen in den Untergrund versickert (s. Abb. 2). 

Abb. 2: Muldenversickerung (Quelle: I. Sevis)

Rigolenversickerung

Bei der Rigolenversickerung wird das Regenwasser in einen künstlich errichteten Kieskörper geleitet (s. Abb. 3). Diese Versickerungsart bietet sich bei schlechter durchlässigen Böden an, damit die darunter liegenden, gut durchlässigen Bodenschichten erreicht werden.

Der Vorteil der Rigolenversickerung ist die Nutzbarkeit des Grundstückes. Da die Versickerung hier nicht über belebte Bodenschichten erfolgt, ist als Nachteil eine geringere Reinigungsleistung hinzunehmen. Innerhalb von Wasserschutzzonen ist deshalb diese Art der Wasserversickerung nicht ohne zusätzliche Behandlung zulässig.

Abb. 3: Rigolenversickerung (Quelle: I. Sevis)

Mulden-Rigolenversickerung

Die verschiedenen Methoden zur Versickerung lassen sich fast beliebig kombinieren und können so optimal an die jeweiligen vor Ort-Situationen angepasst werden. Eine häufige Kombination ist die Mulden- Rigolen- Versickerung (s. Abb. 4). Hierbei wird das anfallende Niederschlagswasser oberflächig zuerst in eine ausgebildete Mulde geleitet. Nach Passage der belebten Mutterbodenschicht gelangt das Niederschlagswasser in den künstlich errichteten Kieskörper (Rigole), um den Versickerungsweg und die Volumenströme zu optimieren.

Abb. 4: Kombination Mulden- Rigolen- Versickerung (Quelle: I. Sevis)

Schachtversickerung

Bei der Schachtversickerung wird das Regenwasser über Schachtbauwerke in denumliegenden Boden eingeleitet (s. Abb. 5). Bei starken Regenfällen kann Wasser im Schacht zwischengespeichert werden (nur kleine Volumina). Zur Verbesserung der Versickerung wird der Bodenbereich um den Schacht durch gutdurchlässige Substrate ersetzt, dadurch kann auch verhindert werden, dass feinkörnigerer Boden in den Schacht eingespült wird.Mit der Schachtversickerung kann die tiefere durchlässige Bodenschicht erreicht werden.

Abb. 5: Schachtversickerung (Quelle: I. Sevis)

Die Versickerungsgalerie“neu

Die Versickerungsgalerie (s. Abb. 6c) ist ein leistungsfähiges Entwässerungssystem und besteht aus mehreren begehbaren Rohrsträngen. Die Versickerung erfolgt unterirdisch. Das für die Versickerung vorgesehene Grundstück kann uneingeschränkt genutzt werden – kein Oberflächenbedarf für die Versickerung. Wegen der fehlenden Bodenpassage muss das anfallende Regenwasser vor der Einleitung in die Anlage in einem Absetzbecken / Schlammfang  oder in einem Filter (s. Abb. 6b) vorgereinigt werden.

Wenn für die Oberflächenentwässerung keine Vorflut vorhanden ist und auch eine Anbindung an das örtliche Kanalnetz aufgrund der Abgeschiedenheit des Standortes nicht möglich ist, ist die Versickerungsgalerie die vorzuziehende Ableitungsvariante.

Für die Dauerhaftigkeit der Anlage und die nachhaltige Grundstücksnutzung spielen die verwendeten Rohrmaterialien eine große Rolle. Die Rohrstränge müssen größere Wasseraustrittsflächen besitzen und die Anlage muss mit bis zu 80 % Verstopfung funktionsfähig bleiben. Das Drainagerohr muss bei Bedarf den Druckbelastungen aus der Überdeckung und der Flächennutzung (z.B. bei Verkehrslasten von SLW 60) standhalten.Bei größeren Versickerungsanlagen sind die Einbautiefen von einer oberflächennahenVerlegung 2,0 m bis hin zu über 10,0 m tiefen Lagen mit der jeweiligen Materialwahl zu korrelieren.

Für eine Versickerungsgalerie sind aus der Anforderungssicht Versickerungsrohre aus haufwerksporigem Beton besonders gut geeignet. Herstellungstechnisch werden beim haufwerksporigem Beton, annährend gleich große Zuschlagstoffe nur punktweise mit einem hydraulischen Bindemittel miteinander verkittet, so dass Hohlräume entstehen.

Abb. 6: Versickerungsgalerie (Quelle: – Konzept und hydr. Auslegung – I. Sevis)

Ein bereits in der Umsetzung befindliches Beispiel für eine Versickerungsgalerie wird derzeit im Rahmen einer Gewerbegebietserschließung, für die eine Entwässerungsanlage zwingend erforderlich ist, in der Gemeinde Schkeuditz ausgeführt.

Da keine Vorflut in erreichbarer Distanz vorhanden ist und auch eine Anbindung an das örtliche Kanalnetz ebenfalls nicht möglich ist, ist die Versickerung die Vorzugsvariante für die Wasserableitung. Die ursprüngliche Planung sah drei offene, umspundeteVersickerungsbecken mit einer mittleren Tiefe von ca. 5,00 m u Geländeoberkante vor. Der Flächenbedarf für diese Planung betrug ca. 5.800 m².

Da dies die vermarkt bare Gewerbefläche deutlich reduziert hätte – verringerte Wirtschaftlichkeit des Projektes – wurden in der Planungsfortschreibung stattdessen unterirdische, überbaubare Versickerungsgalerien geplant und aktuell errichtet.

Das Konzept und die Dimensionierung der Versickerungsgalerie wurden durch Herrn Dipl.-Ing. Imran Sevis für das beteiligte Planungsbüro erstellt. Nach Fertigstellung und Inbetriebnahme der Anlage ist die Erstellung eines Erfahrungsberichtes vorgesehen.

Bahnstreckenentwässerung – neu

Die Ableitung des Oberflächen- und Sickerwassers sowie die Trockenhaltung des Erdplanums sind wichtige Voraussetzungen für eine dauerhafte Standsicherheit und einen wirtschaftlichen und lang aufrechtzuhaltenden Betrieb der Bahnstrecken.

Im Jahr 2003 wurde für eine Bahnstreckenentwässerung das Drän-Versickerungssystem bei der Regiobahn GmbH in Mettmann eingebaut. 10 Jahre später wurde ein Erfahrungsbericht veröffentlicht. Dabei wurde festgestellt, dass alle gesetzten Entwässerungsziele mit dem Drän-Versickerungssystem erreicht oder sogar übertroffen wurden und die Funktionalität der Entwässerung weiterhin Bestand hat.

Das kombinierte Entwässerungssystem besteht aus Versickerungs- bzw. Ableitungsgraben und aus haufwerksporigen Betonhalbschalen mit begehbaren Abdeckplatten als Rand- und Evakuierungsweg. Die hier vorgestellte Anlage beinhaltet die Dränung, Versickerung, Kabelkanal sowie Randwegbereich als eine Einheit (s. Abb. 7). Die Funktion des Drän-Versickerungssystems erfolgt nach dem Exfiltrations- und Infiltrationsprinzip.

Abb. 7: Bahnstreckenentwässerung (Quelle: I. Sevis) 

Das Sickerwasser aus den Bahnbereichen fließt dem Versickerungsgraben zu. Die haufwerksporige Betonhalbschalen dienen versickerungstechnisch sowohl als Ableitungs- als auch Vorhaltungselement. Zur Ausnutzung der natürlichen Reinigungsleistung wurde eine belebte Bodenschicht in das Drän-Versickerungssystem integriert. 


Literatur

[1] ATV-DVWK-A 117 Bemessung von Regenrückhalteräumen

[2] DWA-A 138 Planung, Bau und Betrieb von Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser
[3] ATV-A 166 Bauwerke der dezentralen Regenwasserbehandlung und –rückhaltung

[4] ATV-DVWK-M 153 Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Regenwasser
[5] Regelwerk Ril 836 Deutsche Bahn AG[6] Korn, J., Fischer, J., Sevis, I.: Kombinierte Entwässerungsanlage EI – Eisenbahningenieur (55) 9/2004, VDEI

[7] Korn, J., Sevis, I.: Erfahrungsbericht, Kombinierte Entwässerungsanlage EI – Eisenbahningenieur Mai 2013, VDEI
[8] Sevis, I.: Drän-Versickerungssystem mit Kabelkanal EI – Eisenbahningenieur August 2017, VDEI
[9] Sevis, I.: Value Management am Beispiel der Bahnstreckenentwässerung EI – Eisenbahningenieur Januar 2018, VDEI
[10] Sevis, I.: Entwässerung von Bahnstrecken, RegioTrans 2018, Kuhn Fachverlag
[11] Remmler, F., Schötter, U.: Qualitative Anforderungen an eine naturnahe Regenwasserbewirtschaftung [1998], Analytica-Verlag, Berlin

Bildunterschriften mit Quellenangaben in Listenform

Abb. 1: Wasserkreislauf (Quelle: I. Sevis)

Abb. 2: Muldenversickerung (Quelle: I. Sevis)

Abb. 3: Rigolenversickerung (Quelle: I. Sevis)

Abb. 4: Mulden- Rigolen- Versickerung (Quelle: I. Sevis)

Abb. 5: Schachtversickerung (Quelle: I. Sevis)

Abb. 6: Versickerungsgalerie (Quelle Konzept und hydr. Auslegung: I. Sevis)

Abb. 7: Bahnstreckenentwässerung (Quelle: I. Sevis)